Seit zwei Wochen befinden wir uns in Europa in einem Zustand, den wir noch wenige Tage vor dem 24.02.2022 für unvorstellbar hielten. Durch den Angriff auf die Ukraine hat die vielzitierte „Zeitenwende“ eingesetzt, es herrscht Krieg unweit von Deutschland.

Diese massive Veränderung bewegt uns alle und löst sicherlich bei vielen von uns Ängste oder Unsicherheit aus. Nach nun zwei Jahren unter dem Einschnitt durch die COVID-19 Pandemie sind innere Widerstandskräfte oft erschöpft und wir suchen nach Möglichkeiten, mit dieser neuen Bedrohung umgehen zu können. Über Nacht rückte das Virusgeschehen in den Hintergrund. Gerade für die Mehrheit Ihrer Bewohner, die der „Kriegsgeneration“ entstammt und Schreckliches miterlebt hat, kann schon ein Wort alte Traumata aufwecken. Insbesondere bei den Bewohnern mit eingeschränkten kognitiven Fähigkeiten oder Demenz legen wir Ihnen eine bedachte Ausdrucks- und Herangehensweise ans Herz.

Denn jeder hat einen anderen Umgang mit den ausgelösten Gefühlen und Sie benötigen besonderes Fingerspitzengefühl. Der eine möchte sich ausdrücken und über die aufkommenden Erinnerungen sprechen, Vergangenes bewältigen. Der andere möchte am liebsten gar nicht an frühere Erlebnisse erinnert werden und blockt ab. Fühlen Sie sich in dieser außergewöhnlichen Situation besonders in Ihr Gegenüber ein und lassen Sie ihm/ihr Raum. Seien Sie einfach da, als Ansprechpartner an der Seite Ihrer Bewohner.

Achten Sie auch auf den gemeinschaftlichen Umgang mit den aktuellen Geschehnissen. Wie erleben die Bewohner die Nachrichten, wenn diese im Gemeinschaftsraum im Fernsehen zu sehen sind? Wird die Zeitung mit all den derzeitigen Schreckensmeldungen laut vorgelesen und wie reagieren Ihre Bewohner darauf? Ein Patentrezept gibt es hierbei nicht, es erfordert viel Sensibilität, den für Ihre Bewohner passenden individuellen Umgang mit dem Kriegsgeschehen zu finden und diesen ggf. auch je Bereich anzupassen.

Bei aller Sorge um Ihre Bewohner bedarf es darüber hinaus auch eines reflektierten Umgangs mit den Vorkommnissen für Sie selbst. Denn auch an Ihnen geht ein Schreckensereignis wie der Kriegsausbruch in der Ukraine und das Auffangen Ihrer Schützlinge nicht spurlos vorbei. Über verschiedene Ansätze der Selbstfürsorge informieren wir im nächsten Teil.